Das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel hat am Mittwoch, den 17.07.2024, entschieden, dass Geldgeschenke nicht als Einkommen angerechnet werden dürfen, wenn diese konkret für eine Reparatur am Eigenheim vorgesehen und genutzt worden sind. Damit stärkten die Richter die Rechte einer Bürgergeld-Empfängerin, welche vom Jobcenter nur noch ein existenzsicherndes Darlehen erhielt.
Geldgeschenke kein Einkommen, wenn diese für notwendige Reparaturen genutzt werden
Dem richtungsweisenden Urteil des Bundessozialgerichts ist folgender Fall vorausgegangen: Eine Frau aus Thüringen, die Bürgergeld-Leistungen bezieht und in einem Eigenheim wohnt, hatte einen Dachschaden, der dringend repariert werden musste.
Da die Leistungsempfängerin den Schaden nicht aus eigener Tasche bezahlen konnte, sprang die Mutter ein und übernahm die Reparaturkosten in Höhe von 7.130 Euro. Das Jobcenter wurde über diesen Vorgang nicht informiert und wurde später durch einen Mitarbeiter auf das sanierte Dach aufmerksam.
Daraufhin wurden der Klägerin alle Leistungen gestrichen, sie erhielt nur noch ein existenzsicherndes Darlehen. Der Grund: Das Jobcenter rechnet Geldgeschenke als Einkommen an, wenn diese einen Betrag von etwa 50 Euro übersteigen. Dagegen klagte die Frau aus Thüringen.
Die Richter in Kassel gaben ihr Recht: Geldgeschenke sind kein Einkommen, wenn diese für notwendige Reparaturen am Eigenheim genutzt würden. Das gelte aber nur, wenn diese die finanzielle Lage des Bürgergeld-Empfängers nicht verbesserten. (Aktenzeichen: B 7 AS 10/23 R).
Übrigens: Geldgeschenke, die Kinder von Bürgergeld-Empfängern „anlässlich der Firmung, Kommunion, Konfirmation oder vergleichbarer religiöser Feste sowie anlässlich der Jugendweihe“ (§ 1 Bürgergeld-Verordnung) erhalten, dürfen auch nicht als Einkommen angerechnet werden, sofern diese einen Betrag von 3.100 Euro nicht überschreiten.
Lag ein unabweisbarer Bedarf vor?
Das Bundessozialgericht argumentierte zudem, dass wegen des undichten Dachs ein unabweisbarer Bedarf vorlag. Das Jobcenter hätte somit der Klägerin eigentlich mindestens ein Darlehen für die anfallenden Reparaturkosten gewähren müssen.
In § 24 Absatz 1 Sozialgesetzbuch II (SGB II) ist nämlich festgelegt:
Kann im Einzelfall ein vom Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf nicht gedeckt werden, erbringt die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung und gewährt der oder dem Leistungsberechtigten ein entsprechendes Darlehen. Bei Sachleistungen wird das Darlehen in Höhe des für die Agentur für Arbeit entstandenen Anschaffungswertes gewährt. Weiter gehende Leistungen sind ausgeschlossen.
Das vom BSG gefällte Urteil kann sich nun positiv für viele Bürgergeld-Empfänger auswirken. Die Richter stellten nämlich klar, dass Geldgeschenke als Einkommen nicht immer angerechnet werden dürfen. Hierbei ist stets eine Einzelfallprüfung notwendig.