Das Wichtige zum Thema „unabweisbarer Bedarf“ in Kürze
Es handelt sich dabei um einen Bedarf, welcher nicht durch den Bürgergeld-Regelsatz gedeckt ist. Ein unabweisbarer Bedarf besteht beispielsweise, wenn der Herd kaputt geht und der Betroffene nicht über ausreichend finanzielle Mittel verfügt, um diesen reparieren zu lassen.
Ja. In aller Regel wird ein Darlehen vom Jobcenter bewilligt, sofern dieses einen unabweisbaren Bedarf anerkennt.
Die Rückzahlung vom Darlehen erfolgt umgehend in dem Monat nach der Bewilligung. Das Jobcenter wird maximal zehn Prozent des für Sie maßgebenden Regelsatzes einbehalten.
Inhalt
Unabweisbarer Bedarf: Eine Definition ist schwierig
Der Bürgergeld-Regelsatz soll das nötigste zum Leben abdecken. Darin inbegriffen sind beispielsweise Lebensmittel oder auch Leistungen zur Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel. Viel Raum für Ansparungen bleibt meist nicht, daher kann es für Betroffene zu einem großen Problem werden, wenn einmal die Waschmaschine oder andere wichtige Haushaltsgeräte kaputt gehen.
Ist dies der Fall, kann vom Jobcenter ein sogenannter „unabweisbarer Bedarf“ anerkannt werden. Doch was genau bedeutet das eigentlich und welche Bedarfe sind wirklich unabweisbar? Alle relevanten Informationen zu diesem Thema finden Sie im nachfolgenden Ratgeber.
Grundsätzlich soll das Bürgergeld die Bedarfe des täglichen Lebens decken. Die Zusammensetzung ist bei jedem Bürgergeld-Beziehenden gleich, lediglich die Höhe vom Regelbedarf hängt von vielen Umständen ab.
So ist beispielsweise entscheidend, ob der Betroffene in einer Bedarfsgemeinschaft lebt oder über Einkommen verfügt, welches den maßgebenden Freibetrag übersteigt. Bei allen Regelsätzen werden die folgenden Bedarfe anerkannt:
- Nahrungsmittel, Getränke, Tabak
- Bekleidung und Schuhe
- Wohnen und Strom
- Laufende Haushaltsführung
- Gesundheitspflege
- Verkehr
- Telefon und Internet
- Freizeit, Unterhaltung und Kultur
- Bildungswesen
- Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen
- Andere Waren und Dienstleistungen
Unter Umständen kann allerdings ein unabweisbarer Bedarf entstehen, welcher nicht durch den Regelsatz abgedeckt ist. Für diesen können dann weitere Leistungen als Sonder- oder Mehrbedarf gewährt werden. Mehr dazu erfahren Sie in den nachfolgenden Textabschnitten.
Unabweisbarer Bedarf gemäß § 24 SGB II
In § 24 Sozialgesetzbuch II (SGB II) finden sich die rechtliche Vorschriften, wie zu verfahren ist, wenn ein unabweisbarer Bedarf entsteht.
Absatz 1 des genannten Paragraphen definiert diesbezüglich Folgendes:
Kann im Einzelfall ein vom Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf nicht gedeckt werden, erbringt die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung und gewährt der oder dem Leistungsberechtigten ein entsprechendes Darlehen. Bei Sachleistungen wird das Darlehen in Höhe des für die Agentur für Arbeit entstandenen Anschaffungswertes gewährt. Weiter gehende Leistungen sind ausgeschlossen.
Es ist also klar geregelt, dass sofern ein unabweisbarer Bedarf anerkannt wird, dem Betroffenen ein entsprechendes Darlehen zusteht, mit welchem er diesen decken kann. Es handelt sich dabei um einen zinslosen Kredit, welcher umgehend zurückgezahlt werden muss.
Welche Bedarfe werden als Sonderbedarf anerkannt?
Doch was wird alles als unabweisbarer Bedarf anerkannt? Auch diesbezüglich findet sich in § 24 SGB II eine Antwort.
In Absatz 3 werden Bedarfe definiert, die als zusätzliche Leistung anerkannt werden, ohne dass der Betroffene dafür ein Darlehen abzahlen muss, da sie nicht vom Regelsatz umfasst sind:
Nicht vom Regelbedarf nach § 20 umfasst sind Bedarfe für
- Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten,
- Erstausstattungen für Bekleidung und Erstausstattungen bei Schwangerschaft und Geburt sowie
- Anschaffung und Reparaturen von orthopädischen Schuhen, Reparaturen von therapeutischen Geräten und Ausrüstungen sowie die Miete von therapeutischen Geräten.
Leistungen für diese Bedarfe werden gesondert erbracht. […]
Damit ein unabweisbarer Bedarf anerkannt werden kann, muss der Antragsteller nachweisen, dass dieser auch tatsächlich besteht. Weitere Bedarfe, welche nicht durch § 24 Absatz 3 SGB II definiert sind, aber dennoch aus unabweisbar einzustufen sind, können durch ein Darlehen aufgefangen werden.
Dies ist beispielsweise der Fall, wenn Bedarfe durch notwendige Reparaturen, Diebstahl, Brand oder Verlust entstehen. Durch entsprechende Kostenvoranschläge oder eine Diebstahlanzeige kann der Hilfebedürftige dem Jobcenter beweisen, dass tatsächlich ein unabweisbarer Bedarf besteht. Wird dann ein Darlehen bewilligt, ist dieses stets zweckgebunden.
Darlehen für den Sonderbedarf: Wie läuft die Rückzahlung ab?
Wird ein unabweisbarer Bedarf anerkannt und der Bürgergeld-Empfänger bekommt ein entsprechendes Darlehen bewilligt, muss dieses umgehend zurückgezahlt werden. Zur Begleichung der Schulden behält das Jobcenter in den folgenden Monaten maximal zehn Prozent vom maßgebenden Regelsatz ein, bis der Kredit zurückgezahlt ist. Sollte die Hilfebedürftigkeit vor der Abzahlung des Darlehens enden, ist der Betrag umgehend auf einen Schlag zu begleichen. Ist dies im Einzelfall nachweislich nicht möglich, kann in aller Regel eine Ratenzahlung vereinbart werden.
Unabweisbarer Bedarf: Mehrbedarf kann im Einzelfall bewilligt werden
Vom Sonderbedarf abzugrenzen ist der sogenannte Mehrbedarf. Es handelt sich dabei nicht nur um eine einmalige Leistung, wenn ein unabweisbarer Bedarf besteht, sondern um eine Zahlung, welche zusätzlich zum Regelsatz monatlich erfolgt.
Dieser ist beispielsweise in der Schwangerschaft anzuerkennen, oder wenn der Hilfebedürftige aus medizinischen Gründen auf eine kostenaufwändige Ernährung angewiesen ist. Zudem definiert § 21 Absatz 6 SGB II:
Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.
Folgende unabweisbare Bedarfe sind dadurch beispielsweise umfasst:
- Pflege und Hygieneartikel, welche aus gesundheitlichen Gründen laufend benötigt werden
- Putz- bzw. Haushaltshilfe für körperlich stark beeinträchtigte Personen
- Kosten zur Wahrnehmung des Umgangsrechts
Hallo,
ich (ein juristischer Laie) habe mich mehrere Wochen lang bemüht, eine Definition für den Begriff „unabweisbar“ zu recherchieren. Dies war erstaunlich schwierig, wenn man bedenkt, dass das SGB II existenzielle Zahlungen davon abhängig macht. Meine Erkenntnisse sind wie folgt.
Wortbedeutung:
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Ein Bedarf ist „unabweisbar“, wenn das Jobcenter keine Ausrede finden kann, um ihn aus formalen Gründen abzuweisen.
Meine Definition:
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Ein Bedarf, den ein Leistungsberechtigter geltend machen will, gilt für das Jobcenter als „unabweisbar“ im Sinne des SGB II, wenn:
1. der Bedarf tatsächlich existiert und der Leistungsberechtigte die Existenz des Bedarfs nachgewiesen hat, und
2. für den Leistungsberechtigten sowohl in sachlicher Hinsicht als auch in zeitlicher Hinsicht praktisch kein Handlungsspielraum besteht, und
3. der Leistungsberechtigte den Bedarf nicht aus eigener Kraft decken kann (z.B. durch Nutzung von Einsparmöglichkeiten oder sofortigen Verbrauch/Verwertung von Vermögen) bzw. dies für ihn eine nicht zumutbare Härte bedeuten würde und er auch keine Zuwendungen Dritter erhalten kann.
Kurz: Bedarf existent + bewiesen (Belege!) + notwendig/erforderlich + eilbedürftig/unaufschiebbar + Deckung aus eigener Kraft/Mitteln unmöglich/unzumutbar
Außerdem zählen zum „unabweisbaren Bedarf“ auch – in der Art und der Höhe entsprechende – rechtliche Verpflichtungen.
Bitte lassen Sie meinen Defintions-Versuch von Juristen prüfen, bevor Sie ihn veröffentlichen.
Mit freundlichen Grüßen,
Martin
Guten Tag……wie kann ich Kontakt mit Ihnen zwecks einer Beratung aufnehmen?