Das Wichtigste zum Praktikum zusammengefasst:
Ein Praktikum ist laut Arbeitsrecht eine zeitlich begrenzte Tätigkeit in einem Betrieb oder Unternehmen, die der Berufsorientierung dient.
Pflichtpraktika müssen nicht vergütet werden. Bei einem freiwilligen Praktikum, das länger als drei Monate andauert, besteht hingegen ein Anspruch auf den Mindestlohn.
Bei Bürgergeld-Bezug muss das Praktikum vom Jobcenter genehmigt werden. Leistungen vom Jobcenter gibt es dann nur weiterhin, wenn es sich um ein kurzes Praktikum (zwei Wochen) handelt.
Inhalt
Was ist ein Praktikum oder Orientierungspraktikum?
Ein Praktikum in Deutschland kann üblicherweise jeder absolvieren, dem die Berufswahl noch schwer fällt. Dabei handelt es sich um eine Gelegenheit, für begrenzte Zeit in einem Unternehmen oder Bereich zu arbeiten, um Erfahrungen zu sammeln. Was ist ein Praktikum? Definition und Rahmenbedingungen können Sie hier nachlesen.
Praktikum und Orientierungspraktikum meinen faktisch dasselbe. Praktikum (Plural Praktika) beschreibt allgemein eine zeitlich begrenzte Tätigkeit in einem bestimmten Unternehmen oder Arbeitsfeld, die der beruflichen Orientierung dient.
Von einem Orientierungspraktikum wird häufig gesprochen, wenn es um einen bestimmten Bereich innerhalb eines Tätigkeitsfeldes geht. Beispielsweise absolvieren angehende Lehrkräfte ein Orientierungspraktikum. Praktikanten, die ein Orientierungspraktikum absolvieren, sind in der Regel junge Menschen, die am Ende des Bildungsweges stehen und eine Entscheidung hinsichtlich der beruflichen Laufbahn treffen müssen.
Weil das Berufsleben sich außerordentlich vom Schul- oder Studienalltag unterscheidet, ist es üblich, durch ein Praktikum das Arbeitsleben allgemein oder die Arbeit in einem bestimmten Bereich näher kennenzulernen. An vielen Schulen wurde daher bereits ein verpflichtendes Schülerpraktikum eingeführt. Auch an vielen Universitäten ist ein Praktikum inzwischen Teil des Modulplans.
Bedingungen für ein Praktikum: Dauer
Ein Praktikum ist grundsätzlich zeitlich begrenzt und findet nicht unter denselben Bedingungen statt wie ein normales Arbeitsverhältnis. Das heißt, ein Praktikant trägt niemals dieselbe Verantwortung wie ein voller Angestellter und muss auch nicht die gleiche Arbeitsleistung erbringen.
Die Dauer eines Praktikums kann sehr unterschiedlich sein. Schüler können in den Ferien über den Sommer ein Praktikum absolvieren. Wenn es sich um ein verpflichtendes Schülerpraktikum handelt, dauert dies oft nicht länger als eine Woche. Ein Langzeitpraktikum erstreckt sich über mehrere Monate und kann bis zu ein Jahr dauern.
Die Praktikumsarbeit ist bei längeren Praktika intensiver und aufwendiger. Meist sind es Studenten, die freiwillig oder im Rahmen Ihres Modulplans ein ganzes Semester im Praktikum verbringen.
Praktikumsvergütung: Besteht Anspruch auf Mindestlohn?
Bis 2015 existierten bezahlte Praktika quasi nicht. Praktikanten profitierten nur in Form von praktischer Erfahrung, und mit etwas Glück erhielten sie auch eine kleine Aufwandsentschädigung. Das änderte sich um 1. Januar 2015 mit der Einführung des Mindestlohns.
Ein bezahltes Praktikum ist aber auch heute noch für viele ein unerfüllter Traum, denn nicht bei jedem Praktikum besteht ein Anspruch auf Mindestlohn oder Vergütung allgemein. Vergütungsanspruch besteht nur bei freiwilligen Praktika, die länger als drei Monate dauern.
Pflichtpraktika von Schule oder Universität sind damit von der Entlohnung ausgeschlossen. Wenige Arbeitgeber entscheiden sich dazu, ihre Praktikanten freiwillig zu entlohnen.
Wie finde ich ein Praktikum?
Stellen für ein Praktikum gibt es viele, aber wie finden Sie die richtige? Das Jobcenter bietet online und vor Ort Orientierungstests und Beratung an. Haben Sie ein bestimmtes Unternehmen im Sinn, bei dem Sie gerne Erfahrungen sammeln möchten, können Sie deren Homepage zurate ziehen.
Die meisten Unternehmen schreiben offene Stellen direkt selbst aus. Die Bewerbung für das Praktikum geht dann meist auch an die in der Stellenausschreibung genannte Ansprechperson.
Bei einem Praktikum sollte die Bewerbung genauso sorgfältig gestaltet werden wie bei einer gewöhnlichen Stellenausschreibung. Durch den Anstieg an Pflichtpraktika ist der Wettbewerb für Praktikumsplätze gestiegen. Anders als bei normalen Stellenausschreibungen sollten Sie aber auch erwähnen, was Sie sich von dem Unternehmen an Einblicken erhoffen, welche Arbeitsbereiche Sie konkret interessieren und warum Sie sich für den Bereich bewerben.
Denken Sie daran, dass Sie bei dem Praktikum etwas lernen möchten, Sie bewerben sich nicht als voll qualifizierte Kraft. Das heißt, geben Sie Ihre Stärken an, aber nehmen Sie Bezug auf die Fähigkeiten, die Sie durch das Praktikum besonders schulen möchten.
Praktikum für Schüler, Studenten und Absolventen
Wenn es sich um ein Pflichtpraktikum handelt, müssen Schüler und Studenten üblicherweise auch einen Praktikumsbericht schreiben. Dieser dient nicht nur zur Reflexion des Gelernten, sondern auch zum Nachweis bei Schule oder Hochschule für die erbrachte Leistung.
Ein freiwilliges Praktikum erfordert keinen Praktikumsbericht, da es ja aus eigenem Antrieb absolviert wurde. Es kann sich allerdings lohnen, auch bei einem kurzen Sommerpraktikum, nach Beendigung des Praktikums kurz in sich zu gehen und sich mit den gewonnenen Eindrücken auseinanderzusetzen.
In vielen Fällen zahlt sich das Praktikum auch im Lebenslauf aus. Schülern hilft es, eine Entscheidung hinsichtlich der Ausbildungs- oder Studienwahl zu treffen. Studenten können durch ein Praktikum erlernte Theorie in der Praxis ausprobieren und Absolventen können ihren Bildungsweg durch praktische Qualifikationen ergänzen.
Schülerpraktikum unter Beachtung des JArbschG
Ein Schülerpraktikum muss besondere Voraussetzungen erfüllen, weil der Praktikant oder die Praktikantin meist noch nicht volljährig ist. Ein Praktikum für Schüler findet deshalb im Rahmen eines von der Schule durchgeführten und betreuten Programms statt.
Schüler sind für die Zeit des Praktikums im Betrieb und auf dem Arbeitsweg versichert. Das heißt, verursacht der Praktikant einen Schaden, übernimmt dies die Haftpflichtversicherung. Kommt es zum Unfall, greift die gesetzliche Unfallversicherung. Der Betrieb muss den Praktikanten aber vor Beginn des Praktikums in die Sicherheitsvorschriften einweisen.
Schüler werden im Arbeitsrecht durch das Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) geschützt. Sie dürfen in der Regel eine Arbeitszeit von acht Stunden täglich (40 Wochenstunden) nicht überschreiten. Außerdem gilt:
- Schüler unter 15 Jahren dürfen nicht mehr als 7 Stunden am Tag (35 Stunden pro Woche) arbeiten.
- Jugendliche über 15 Jahren dürfen höchstens 8 Stunden am Tag arbeiten oder 8,5 Stunden, wenn ein entsprechender Ausgleich an anderen Wochentagen stattfindet, sodass die 40-Stunden-Woche eingehalten wird.
- Die Ruhepausen von mindestens 30 Minuten (bei 4,5 bis 6 Stunden täglicher Arbeitszeit) oder 60 Minuten (bei einer Arbeitszeit über 6 Stunden) müssen unbedingt eingehalten werden. Grundsätzlich darf nicht länger als 4,5 Stunden ohne Pause durchgearbeitet werden.
- Zudem gilt ein Arbeitsverbot an Wochenenden. Bei Praktika im Krankenhaus, Pflegeheim, dem ärztlichen Notdienst oder in Gaststätten und in der Landwirtschaft darf am Wochenende gearbeitet werden, sofern ein entsprechender Ausgleich an anderen Tagen stattfindet.
Die Schule muss Schüler und Eltern im Voraus über Verhaltensregeln und Rahmenbedingungen des Praktikums informieren. Schüler dürfen grundsätzlich keine gefährlichen oder schweren Arbeiten verrichten. Ein Lehrer muss in der Regel auch den Betrieb während des Praktikums besuchen.
Praktikum für Studenten
Ein Studentenpraktikum unterscheidet sich wesentlich vom Schülerpraktikum. Weil Studenten in der Regel nicht mehr minderjährig sind und bereits eine gewisse Eigenverantwortung und Vorkenntnisse vorhanden sind, wird in einem Studentenpraktikum mehr verlangt.
Die meisten Studiengänge setzen ein Praktikum in der Prüfungsordnung voraus. Es wird mit Leistungspunkten belohnt. Als Nachweis dient hier das Praktikumszeugnis. Studenten sollten sich vor einem Praktikum mit der Prüfungsordnung und dem Modulplan auseinandersetzen, damit sie das Praktikum zeitlich sinnvoll in das Studium einbinden können. Zudem gelten meist gesonderte Voraussetzungen. Beispielsweise muss das Praktikum eine bestimmte Dauer haben und einen Bezug zum Studium herstellen.
Handelt es sich um ein Pflichtpraktikum, werden auch Studenten nicht für ihre Arbeit vergütet. Allerdings ist das Praktikum dann sozialversicherungsfrei, unabhängig davon, wie lange gearbeitet wird. Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung müssen trotzdem geleistet werden.
Praktikum nach der Schule oder dem Studium
Findet ein Praktikum nach der Schule oder dem Studium statt, handelt es sich in der Regel um ein freiwilliges Praktikum. Hier ist es schwieriger, einen Praktikumsplatz zu finden, weil ein Anspruch auf Mindestlohn besteht. Gerade kleinere Unternehmen sind oft nicht bereit, diesen zu leisten und bevorzugen deshalb Bewerber für Pflichtpraktika.
Ein Praktikum für Absolventen ist nicht ungewöhnlich. Obwohl Sie sich durch einen Schul- oder Hochschulabschluss qualifiziert haben, fehlt Ihnen vielleicht noch die nötige praktische Erfahrung. Viele Absolventen, denen der Berufseinstieg schwerfällt, entscheiden sich für ein Praktikum. Ein Praktikum nach dem Abschluss kann aber mehr als nur eine praktische Erfahrung sein, sondern auch als Sprungbrett in die volle Erwerbstätigkeit dienen.
Praktikum bei ALG-Bezug
Beziehen Sie ALG II und beginnen ein Praktikum, stehen Sie in dieser Zeit nicht mehr der Vermittlung zur Verfügung. Damit besteht auch kein Anspruch mehr auf Arbeitslosengeld. Kurze Praktika sind hier die Ausnahme. Bis zu zwei Wochen werden vom Jobcenter anerkannt.
Wenn das Jobcenter zustimmt, können der Leistungsträger (Jobcenter) und der Arbeitgeber im Praktikum einen Maßnahmevertrag vereinbaren. Dieser regelt, dass der Betroffene durch das Jobcenter gegen Unfälle versichert ist und auch weiterhin ALG II erhält. Zudem werden notwendige Arbeitskleidung und Fahrtkosten erstattet.
Wird das Praktikum auf diese Weise mit dem Jobcenter vorab vereinbart, handelt es sich um eine Eingliederungsmaßnahme zur Eignungsfeststellung nach § 16 Sozialgesetzbuch (SGB) II in Verbindung mit § 46 SGB III. Wird das Praktikum nicht vom Jobcenter genehmigt, können Konsequenzen drohen. Ob er für das Praktikum bezahlt wurde, spielt dabei keine Rolle.
Ein längeres Praktikum wird vom Jobcenter oft nicht genehmigt, weil die längere Dauer nicht mehr der Eignungsfeststellung dient.
Ein Praktikum im Ausland absolvieren
Ein Praktikum im Ausland ist nicht zuletzt eine Frage des Geldes. Wer Interesse an einem Auslandspraktikum hat, sollte hier weit im Voraus planen, denn es gibt einiges bei der Organisation zu berücksichtigen.
- In vielen Ländern muss eine Aufenthaltsgenehmigung (Visum) und Arbeitserlaubnis vorab erteilt werden. Diese wird in der Regel bei der Vertretung des jeweiligen Landes in Deutschland (Konsulat oder Botschaft) beantragt. Dafür sollte einige Zeit eingeplant werden. Beachten Sie auch, dass die Beschaffung von Nachweisen mit einem Kosten- und Zeitaufwand (z.B. Beglaubigung von Kopien) verbunden ist.
- Der Praktikumsbegriff kann von Land zu Land variieren. Wer also ein Praktikum im Ausland in einem nicht-deutschen Unternehmen plant, sollte sich genau über die Arbeitsbedingungen informieren.
- Auch in anderen Ländern werden Praktika kaum vergütet. Zudem sind unter Umständen die Kosten für Leben und Unterkunft höher als in Deutschland. Deshalb sollte im Voraus ein Finanzierungsplan erstellt werden. Informieren Sie sich auch rechtzeitig über Stipendien. Die Bewerbung für ein Stipendium oder Auslandsbafög ist meist aufwendig. Zudem gelten oft Bewerbungsfristen von bis zu einem Jahr im Voraus.
Meine Tochter ist 18 Jahre alt, hat gerade ihr Abitur gemacht und will nun ein einjägriges Praktikum machen. Sie bekommt einen Lohn, aber keinen Mindestlohn. Kann sie zur Aufstockung Bürgergeld beantragen?