Kompaktwissen: Das Wichtigste zur Kinderarmut in Kürze
In Deutschland sind 2,8 Millionen (Stand 2020) Kinder von Kinderarmut betroffen oder bedroht.
Als „arm“ gilt, wer über weniger als 60% des mittleren gewichteten Nettoeinkommens verfügt. Weitere Informationen zur Definition von Kinderarmut finden Sie hier.
Von Armut bedrohte oder betroffene Kinder leiden häufiger an körperlichen oder psychischen Erkrankungen. Zudem wirkt sich Kinderarmut oft negativ auf die Entwicklung und somit auf die Zukunftschancen aus.
Inhalt
Immer mehr Kinder in Deutschland sind von Armut bedroht
Im September 2016 brachte eine Studie der Bertelsmann Stiftung ein Thema in die Medien, welches oft vernachlässigt wird: Kinderarmut in Deutschland. Immer mehr Unter-18-Jährige sind auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen. Im Jahr 2015 waren dies mit zwei Millionen rund 14,7 Prozent aller in Deutschland lebenden Kinder. 2020 wachsen laut Bertelsmann Stiftung bereits 2,8 Millionen Kinder und Jugendliche in Armut auf.
Im weltweiten Vergleich ist Deutschland eine wirtschaftsstarke Nation und steht im Jahr 2022 laut einer Studie des Global Finance Magazine auf Platz 19 der reichsten Länder der Welt. Die Bundesagentur für Arbeit berichtet, dass die Arbeitslosenquote nach der Corona-Pandemie wieder sinkt und auf dem Arbeitsmarkt werden vielerorts händeringend neue Arbeitskräfte gesucht. Viele Kinder sind trotzdem finanziell benachteiligt.
Wie ist die Kinderarmut in Deutschland unter diesen Umständen zu erklären? Im folgenden Ratgeber zeigen wir Ursachen und Folgen dieses Problemkomplexes auf und werfen einen Blick auf die Lösungsvorschläge verschiedener Institutionen und Verbände, deren Ziel es ist, dass kein Kind in Armut leben muss.
Was ist Kinderarmut? – Eine Definition
Um für die Kinderarmut in Deutschland eine Definition zu finden, muss zunächst geklärt werden, wo die sogenannte Armutsgrenze liegt. Die meisten Statistiken berufen sich hierbei auf den Armutsbegriff einer EU-Konvention.
Dieser besagt, dass Personen, die über weniger als 60 Prozent des mittleren gewichteten Nettoeinkommens der Bevölkerung verfügen, als einkommensarm gelten. Hierbei werden die Gesamteinkünfte aller Mitglieder des Haushalts berücksichtigt, also beispielsweise auch Kinder- und Wohngeld. Steuern sowie Sozialabgaben werden jedoch abgezogen.
Bedarfsgewichtetes Einkommen bedeutet in diesem Zusammenhang, dass unterschiedlich große Haushalte und ihr Einkommen vergleichbar gemacht werden.
Hierbei wird unter anderem berücksichtigt, dass kleinere Haushalte ohne Kinder auf der einen Seite einen geringeren Bedarf an alltäglichen Dingen wie Lebensmitteln oder Wohnraum haben. Auf der anderen Seite müssen sie jedoch mit höheren Pro-Kopf-Kosten rechnen.
Wichtig ist, dass nicht das Durchschnittseinkommen, sondern der sogenannte Median – der mittlere Wert – berücksichtigt wird. Hierbei werden alle Zahlen der Reihe nach aufsteigend geordnet. Der Wert, der sich dann genau in der Mitte befindet, wird als Median festgelegt. Laut der beschriebenen Definition liegt die Armutsgrenze für eine Familie mit zwei Kindern im Alter unter 14 Jahren im Jahr 2021 bei 2.410 Euro.
Kinderarmut in Deutschland – Statistik
Nach Angaben des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung leben 20,8 Prozent (Stand 2021) der Kinder in Deutschland in armen oder armutsgefährdeten Familien. Somit ist jeder fünfte Minderjährige von Kinderarmut in Deutschland betroffen.
Bei Betrachtung der mit der Kinderarmut in Deutschland zusammenhängenden Zahlen und Fakten aus dem Jahre 2016, die in der Studie des WSI veröffentlicht wurden, fällt auf, dass eklatante Unterschiede zwischen den verschiedenen Regionen der Bundesrepublik bestehen. Die niedrigste Quote lässt sich mit 9,1 Prozent in Oberbayern feststellen, trauriger Spitzenreiter ist Bremen. 33,1 Prozent aller Kinder leben dort in Armut.
Insgesamt lässt sich bezüglich der Kinderarmut in Deutschland feststellen, dass die Zahlen für Ostdeutschland zwar immer noch deutlich höher liegen für den Rest der Republik, sich aber langsam eine Entspannung wahrnehmen lässt. Besonders gut aufgestellt sind die wohlhabenden Bundesländer Baden-Württemberg und Thüringen. Diese konnten die ohnehin schon niedrigen Armutsquoten bei den Kindern noch weiter auf 12,7 bzw. 11,9 Prozent senken.
Gründe für Kinderarmut in Deutschland
Angesichts der positiven Meldungen vom Arbeitsmarkt mag es auf den ersten Blick verwunderlich sein, dass in Deutschland die Kinderarmut immer noch so ein großes Problem darstellt. Allerdings ist dieser Komplex äußerst vielschichtig und wird von einer großen Anzahl von Faktoren beeinflusst, die wir hier nur kurz anreißen können.
Die Ursachen von Kinderarmut lassen sich allesamt in den jeweiligen Familien finden. Besondere Risikogruppen sind unter anderem die Kinder von:
- Erwerbslose: Arbeitslosigkeit ist eines der größten Risiken für Armut. Viele Menschen sind mehr als ein Jahr lang ohne Job und werden dann als Langzeitarbeitslose bezeichnet.
- Alleinerziehende: 2,2 Millionen Kinder (Stand 2021) leben bei Alleinerziehenden. Mutter oder Vater sind oftmals von Armut bedroht, da sie oft nur unzureichende Unterhaltszahlungen bekommen und bezüglich der Arbeit eingeschränkt sind. Viele Alleinerziehende können auf Grund von fehlenden Betreuungsmöglichkeiten für ihre Kinder nur Teilzeit arbeiten.
- Familien mit drei oder mehr Kindern: Oftmals werden Eltern kinderreicher Familien auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt, da sie als Risiko angesehen werden.
- Menschen mit Migrationshintergrund und Ausländer: Probleme auf dem Arbeitsmarkt führen dazu, dass Menschen dieser Bevölkerungsgruppen häufig Geringverdiener sind oder Hartz IV beziehen.
- Personen mit niedrigem Qualifikationsniveau: Diese werden oft nur im Niedriglohnsektor beschäftigt. Kinder zu ernähren ist unter diesen Umständen meist sehr schwierig.
Kinderarmut – Die Folgen sind gravierend
Die Folgen von Kinderarmut in Deutschland sind vielschichtig und betreffen unterschiedliche Lebensbereiche. Mittellosigkeit hat unter anderem Auswirkungen auf die Gesundheit von Kindern.
Minderjährige aus armen Familien sind überdurchschnittlich oft übergewichtig. Dies liegt unter anderem daran, dass sie seltener sportlich aktiv sind, über ein weniger ausgeprägtes Gesundheitsbewusstsein verfügen und sich schlechter ernähren, da gesunde Lebensmittel häufig zu teuer sind.
Die betroffenen Kinder haben zu Hause oftmals keinen eigenen Rückzugsort und leiden unter den finanziellen Problemen der Eltern. Gepaart mit einem weniger ausgeprägten Sozialverhalten, weil etwa die Mitgliedschaft im Sportverein oder der Musikschule unerschwinglich sind, kann dies gravierende Auswirkungen auf die Psyche haben. Viele Kinder schämen sich, ziehen sich zurück und werden unglücklich. Eine unbeschwerte Kindheit ist so nicht möglich.
Ohne soziale und kulturelle Teilhabe sind gerade von Kinderarmut in Deutschland betroffene Minderjährige mit einer großen Hoffnungslosigkeit konfrontiert. Viele Kinder haben weniger hohe Ansprüche an sich selbst und ihre Zukunft, streben einen niedrigeren Schulabschluss an und werden auf Grund dessen als Erwachsene mit hoher Wahrscheinlichkeit Probleme auf dem Arbeitsmarkt bekommen.
Maßnahmen gegen Kinderarmut in Deutschland
Viele Verbände, wie etwa der Deutsche Kinderschutzbund oder der Paritätische Gesamtverband, werfen der Politik vor, zu wenig gegen die Kinderarmut in Deutschland zu unternehmen. Sie fordern die Entwicklung von umfangreichen Strategien, die unterschiedliche politische Bereiche betreffen.
Mit Hilfe folgender Maßnahmen soll ein Beitrag dazu geleistet werden, um Kinderarmut zu bekämpfen:
- Ausbau von qualitativ hochwertigen Betreuungsmaßnahmen
- Anhebung des Mindestlohns
- Stärkung des sozialen Umfelds
- Anhebung familienpolitischer Leistungen (z.B. Kindergeld, Betreuungsgeld)
- Stärkung des gesellschaftlichen Bewusstseins für die Rechte von Kindern
Hier wird jetzt wieder das Wort „Kinderarmut“ zerissen. Für mich das Unwort des Jahrtausends.
Kinderarmut ist, wenn ein Volk arm an Kindern ist. (geburtenschwache Jahrgänge etc. usw.) „Kinderreichrum“ ist im Gegenzug ja auch nicht, dass die Kinder im Ferrari zur Schule gebracht werden.
Da mag man nun drüber schmunzeln, aber mich ärgert es dermass, das Kinder von Niedrigverdienern / Langzeitarbeitslosen hier mit dem Begriff „Kinderarmut“ politsch mißbraucht und so gleich quasi als wirtschaftlicher Faktor bemessen werden. Die armen Kindern, die können da doch gar nichts für.
Meine Kinder sagen daher an Sie. BITTE NUTZT UNS NICHT FÜR IHRE DARSTELLUNG DES THEMAS
Hallo Oliver,
der Begriff der „Kinderarmut“ wird im heutigen allgemeinen Sprachgebrauch im Zusammenhang mit finanzieller Armut verwendet. Bei einer Gesellschaft, die kinderarm ist und zu wenig Geburten hervorbringt, spricht man von einer niedrigen Geburtenrate.
Ihr Team von arbeitslosenselbsthilfe.org