In Dortmund entschied sich ein Hartz-4-Empfänger dazu, an die Mildtätigkeit seiner Mitmenschen zu appellieren. Mit Hund und Decke saß der Mann in der Fußgängerzone und bat um ein Almosen. Dann erhielt er einen Brief vom Jobcenter. Er sollte seine Einkünfte durch die Almosen nachweisen.
Der scheinbar letzte Ausweg für Bedürftige: Um Almosen bitten
Der 50 Jahre alte Arbeitslose hat wenig Aussicht auf eine feste Anstellung. Ohne abgeschlossene Ausbildung arbeitete er bis 2005 für eine Zeitarbeitsfirma. Danach bekam er Hartz 4. Zusammen mit seiner Frau versucht er, davon seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Irgendwann, als das Geld in der Mitte des Monats knapp wurde, beschloss der Hartz-4-Empfänger, in der Stadt um Almosen zu bitten.
Im Januar wurde er vom Jobcenter um eine Stellungnahme gebeten. Die Einkünfte, die er durch die Almosen machte, sollte er angeben. Außerdem wollte die Behörde von ihm ein „Einnahmenbuch“ vorgelegt bekommen sowie ein Prognose für seine kommenden Einnahmen.
Spenden können Einkommen sein
Eine Person, die im Jobcenter arbeitet, hatte ihn bei seiner Tätigkeit gesehen. In der Vereinbarung mit dem Jobcenter steht, dass der Hartz-4-Empfänger jede Gelegenheit nutzt, um den für ihn veranschlagten Hilfsbetrag zu verringern. Dazu zählen auch Einkünfte aus Almosen – und das nicht nur für das Jobcenter Dortmund. In Göttingen gab es schon eine ähnliche Begebenheit. 2009 sollten dort ein Mann von 351 Euro ALG 2 ganze 120 Euro abgezogen werden. Nach Protesten gegen dieses Vorgehen wurden die Forderungen vom Jobcenter zurückgezogen.
Rechtlich handelte das Jobcenter korrekt
Seit August 2017 wurden dem Ehepaar 300 Euro von Ihren 760 Euro abgezogen. Nach einem Einspruch liegt nun ein geänderter Bescheid vor. Darin werden dem Paar nur noch 120 Euro angerechnet, abzüglich 30 Euro Freibetrag werden ihnen wegen der Einkünfte aus den Almosen noch 90 Euro vom Hartz 4 gekürzt.
Rechtlich gesehen ist das Vorgehen legal. § 11 a Sozialgesetzbuch (SGB) besagt, dass Zuwendungen von Dritten (z.B. Spenden) nur bis zu einer unbestimmten Grenze nicht als Einkommen angerechnet werden.
§ 11a Abs. 5 SGB II: Zuwendungen, die ein anderer erbringt, ohne hierzu eine rechtliche oder sittliche Pflicht zu haben, sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen, soweit
1.ihre Berücksichtigung für die Leistungsberechtigten grob unbillig wäre oder
2.sie die Lage der Leistungsberechtigten nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären.
So ist es möglich, dass dem Amt gegenüber nachgewiesen werden muss, dass keine relevanten Einkünfte durch die Almosen entstanden sind.