Arbeitsversuch: Wiedereingliederung in das Erwerbsleben

Das Wichtigste zum Arbeitsversuch zusammengefasst

Wozu dient ein Arbeitsversuch?

Ein Arbeitsversuch soll feststellen, ob eine Wiedereingliederung in das Arbeitsleben möglich ist.

Wann ist ein Arbeitsversuch gescheitert?

Der Arbeitsversuch gilt als missglückt, wenn der Betroffene die Arbeit gar nicht oder nur unter schwerwiegender Gefährdung seiner Gesundheit verrichten kann.

Was ist das Hamburger Modell?

Das Hamburger Modell bezeichnet die stufenweise Wiedereingliederung in die Erwerbstätigkeit nach längerer Arbeitsunfähigkeit. Hier erhalten Sie mehr Infos dazu.

Der Unterschied zwischen Arbeitsversuch und Wiedereingliederung

Besprechen Sie den Arbeitsversuch zur Wiedereingliederung mit Ihrem Arzt.
Besprechen Sie den Arbeitsversuch zur Wiedereingliederung mit Ihrem Arzt.

Wer nach längerer Arbeitsunfähigkeit wieder in das Arbeitsleben zurückkehren möchte, sollte einen Arbeitsversuch in Erwägung ziehen. Durch den Arbeitsversuch wird geprüft, ob Sie bereits wieder in der Lage sind, eine neue oder frühere Tätigkeit wieder aufzunehmen, ohne Ihre Gesundheit dabei zu gefährden. Wie funktioniert ein Arbeitsversuch und wann gilt ein Arbeitsversuch als missglückt? Hier erfahren Sie es.

Sie waren längere Zeit arbeitsunfähig, möchten aber gerne in Ihren alten Beruf zurückkehren? Ein Arbeitsversuch zeigt, ob Sie gesundheitlich dazu in der Lage sind. Sie besprechen die Möglichkeit am besten zunächst mit Ihrem Arzt.

Vor dem Arbeitsversuch erstellen Sie einen Engliederungsplan mit Ihrem Arzt.
Vor dem Arbeitsversuch erstellen Sie einen Eingliederungsplan mit Ihrem Arzt.

Ein Arbeitsversuch kann von kurzer Dauer (ein Tag) sein, sich aber auch über mehrere Wochen erstrecken. Wenn Sie in Ihre alte Tätigkeit zurückkehren möchten, können Sie beim Arbeitgeber einen Arbeitsversuch vorschlagen. Laut Arbeitsrecht ist der Arbeitgeber aber nicht dazu verpflichtet, den Arbeitsversuch zuzulassen. Auch eine Begründung für eine Ablehnung ist in der Regel nicht erforderlich (Ausnahme: Es liegt eine Behinderung vor).

Ist der Arbeitsversuch erfolgreich, ist eine Wiedereingliederung in das Erwerbsleben möglich. Dies ist nicht immer der Fall. Im Folgenden erfahren Sie, wann von einem missglückten Arbeitsversuch ausgegangen wird und ob Sie weiterhin Krankengeld beziehen können.

Missglückter Arbeitsversuch nach Krankheit

Das Bundessozialgericht definierte 1993 in zwei Urteilen (12 RK 34/91 und 12 RK 36/91) den Begriff des missglückten Arbeitsversuches. Ein Arbeitsversuch gilt als missglückt, wenn objektiv festgestellt werden kann, dass der Arbeitnehmer die Arbeit nicht, oder nur unter schwerwiegender Gefährdung seiner Gesundheit, verrichten kann.

Es liegt kein missglückter Arbeitsversuch vor, wenn der Betroffene die Arbeit für einen wirtschaftlich ins Gewicht fallenden Zeitraum ausüben kann. Muss die Arbeit allerdings bereits zuvor abgebrochen werden, gilt der Arbeitsversuch als missglückt.

Sie können einen Arbeitsversuch auch während der Krankheit unternehmen. Sie gelten während der Maßnahme weiterhin als arbeitsunfähig. Das heißt, Sie haben in dieser Zeit noch Anspruch auf Krankengeld. Allerdings haben Sie keinen Anspruch auf Urlaub. Besprechen Sie die Möglichkeit des Arbeitsversuches idealerweise mit Ihrem Arzt.

Wann liegt ein missglückter Arbeitsversuch vor?

Ein missglückter Arbeitsversuch liegt vor, wenn Sie die Arbeit nicht ohne Gefährdung Ihrer Gesundheit verrichten können.
Ein missglückter Arbeitsversuch liegt vor, wenn Sie die Arbeit nicht ohne Gefährdung Ihrer Gesundheit verrichten können.

Die Feststellung, dass ein missglückter Arbeitsversuch vorliegt, beruht darauf, dass der Betroffene die Arbeit bereits nach kurzer Zeit, genau gesagt vor Ablauf einer wirtschaftlich ins Gewicht fallenden Zeit, wieder abbrechen muss. Der Arbeitsversuch darf dann nicht für diesen Zeitraum isoliert betrachtet werden.

Was bedeutet das konkret? Der Arbeitgeber darf Ihnen für die Dauer des Arbeitsversuches nicht nur leichte Tätigkeiten zumuten, die in keinem Verhältnis zur tatsächlichen täglichen Arbeit stehen. Die Arbeit muss der Art nach einem vorangegangenen versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis entsprechen.

Verschiedenen Gerichtsurteilen zufolge wurde ein missglückter Arbeitsversuch nach drei Wochen Beschäftigung noch bejaht, aber nach sechs Wochen allerdings verneint. Wann von einem wirtschaftlich ins Gewicht fallenden Zeitraum gesprochen werden kann, hängt also vom Einzelfall ab.

Missglückter Arbeitsversuch: Wird weiterhin Krankengeld gezahlt?

Testen Sie mit einem Arbeitsversuch, ob Sie nach langer Krankheit wieder arbeiten können.
Testen Sie mit einem Arbeitsversuch, ob Sie nach langer Krankheit wieder arbeiten können.

Im Laufe der Jahre gab es mehr als ein Urteil, dass sich zum Thema Krankengeld nach einem missglückten Arbeitsversuch äußerte. Gemäß § 44 SGB V haben nur bestimmte Personengruppen Anspruch auf Krankengeld nach einer Arbeitsunfähigkeit. Dazu gehören allgemein Arbeiter, Angestellte oder Beschäftigte in einer Berufsausbildung.

In Absatz 2 werden Personen genannt, die keinen Anspruch auf Krankengeld haben. Dazu gehören:

  1. Personen, die Bürgergeld nach SGB II beziehen, sofern die Leistungen nicht nur darlehensweise gewährt werden.
  2. Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen.
  3. Studenten, die an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eingeschrieben sind.
  4. Personen, die bisher keine Beiträge in die Krankenversicherung gezahlt haben und somit nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren.
  5. Hauptberuflich selbstständig Erwerbstätige, es sei denn, sie haben das Krankengeld explizit (Wahlerklärung) bei der Krankenkasse beantragt.
  6. Arbeiter, Angestellte oder in der Berufsausbildung Beschäftigte, die bei Arbeitsunfähigkeit nicht mindestens sechs Wochen Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts haben. Dies ist gemeinhin arbeitsrechtlich durch das Entgeltfortzahlungsgesetz oder den Tarifvertrag festgelegt. Auch hier gilt: Wurde der Anspruch auf Krankengeld durch eine Wahlerklärung vereinbart, gilt dieser.
  7. Versicherte, die eine Rente aus einer anderen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung (beispielsweise Berufsgenossenschaft) beziehen.

Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell

Der Arbeitsversuch nach Hamburger Modell meint eine stufenweise Wiedereingliederung in das Arbeitsleben.
Der Arbeitsversuch nach Hamburger Modell meint eine stufenweise Wiedereingliederung in das Arbeitsleben.

Der Arbeitsversuch als stufenweise Wiedereingliederung wird auch als Arbeitsversuch nach „Hamburger Modell“ bezeichnet. Es begründet sich auf § 74 SGB V und § 44 SGB IX und wird vor allem nach längerer Arbeitsunfähigkeit eingesetzt.

Arbeitnehmer, die krankheitsbedingt arbeitsunfähig waren und möglicherweise sogar eine längere Reha- oder Krankenhausbehandlung hinter sich haben, werden durch den Arbeitsversuch wieder in das Arbeitsleben eingegliedert.

In Deutschland ist das Hamburger Modell hauptsächlich für Personen vorgesehen, die durch die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) versichert sind. Personen, die durch eine private Krankenversicherung (PKV) versorgt werden, können aber unter Umständen ein ähnliches Modell beanspruchen.

Rechtsgrundlage der stufenweisen Rehabilitation

Die Rehabilitation nach dem Hamburger Modell geht auf zwei Paragrafen der Sozialgesetzbücher zurück. In § 74 SGB V heißt es:

Können arbeitsunfähige Versicherte nach ärztlicher Feststellung ihre bisherige Tätigkeit teilweise verrichten und können sie durch eine stufenweise Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit voraussichtlich besser wieder in das Erwerbsleben eingegliedert werden, soll der Arzt auf der Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit Art und Umfang der möglichen Tätigkeiten angeben und dabei in geeigneten Fällen die Stellungnahme des Betriebsarztes oder mit Zustimmung der Krankenkasse die Stellungnahme des Medizinischen Dienstes (§ 275) einholen.

Ergänzend äußert sich § 44 SGB IX zur stufenweisen Wiedereingliederung. Hier wird insbesondere betont, dass medizinische Leistungen das Ziel verfolgen müssen, den Betroffenen wieder in das Arbeitsleben einzugliedern:

War der Arbeitsversuch erfolgreich, findet die Wiedereingliederung ins Arbeitsleben statt.
War der Arbeitsversuch erfolgreich, findet die Wiedereingliederung ins Arbeitsleben statt.

Können arbeitsunfähige Leistungsberechtigte nach ärztlicher Feststellung ihre bisherige Tätigkeit teilweise ausüben und können sie durch eine stufenweise Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit voraussichtlich besser wieder in das Erwerbsleben eingegliedert werden, sollen die medizinischen und die sie ergänzenden Leistungen mit dieser Zielrichtung erbracht werden.

So funktioniert der Arbeitsversuch nach dem Hamburger Modell

Der Arbeitnehmer bespricht mit dem zuständigen Arzt einen Eingliederungsplan (auch Stufenplan). Damit wird der Betroffene schrittweise wieder an das Arbeitsleben gewöhnt, ohne dass ihm zu früh zu viel aufgebürdet wird.

Der Eingliederungsplan enthält beispielsweise die empfohlene Stundenanzahl und weitere Besonderheiten, die sicherstellen, dass der Arbeitnehmer sich zu Beginn nicht übernimmt. Der Arzt stellt außerdem eine Prognose, ob und wann eine Arbeitsaufnahme absehbar ist.

Während der Maßnahme bekommen Sie weiterhin Krankengeld von der Krankenkasse oder Übergangsgeld von der Rentenversicherung. Dies ist nicht der Fall, wenn vor dem Arbeitsversuch von einem Arzt festgestellt wird, dass Sie die Tätigkeit zumindest teilweise bedenkenlos ausüben können, weil es sich dann nicht um einen bloßen Arbeitsversuch handelt. Dies geht aus einem Urteil des Oberlandesgerichts in Köln hervor.

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Über den Autor

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Yassin F.

Yassin hat Sozialwissenschaften studiert und mehrere Jahre bei verschiedenen karitativen Einrichtungen gearbeitet. 2021 stieß er zum Team von arbeitslosenselbsthilfe.org hinzu und unterstützt uns seitdem mit dem Verfassen von News und Ratgebern.

Bildnachweise

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