Überbezahlung durchs Jobcenter: Rückzahlung nicht automatisch Pflicht

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Eine Familie aus Berlin bekam seit 2021 aufgrund eines Rechenfehlers zu viel Bürgergeld ausgezahlt. Als der Fehler auffiel, forderte das Jobcenter eine Rückzahlung. In seinem Urteil vom 03. April 2025, Az. L 3 AS 772/23 entschied das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, dass die Familie dazu nicht verpflichtet werden könne, da die Berliner ihre Sorgfaltspflichten nicht in besonders schwerem Maße verletzt hätten.

Jobcenter verrechnet sich: Familie muss dennoch keine Rückzahlung leisten

Nach aktuellem Urteil steht dem Jobcenter keine Rückzahlung zu!
Nach aktuellem Urteil steht dem Jobcenter keine Rückzahlung zu!

Seit Juli 2020 bezieht eine Familie aus der Hauptstadt Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Der Vater fand im Februar 2021 eine Arbeit als Verkäufer und kam seiner Mitteilungspflicht nach, indem er seinen Arbeitsvertrag beim Jobcenter vorlegte.

Das Jobcenter berücksichtigte daraufhin ein Einkommen von 1.267,40 Euro netto und rechnete dieses entsprechend auf die Bürgergeld-Leistungen an. Das Problem: Der Sachbearbeiter hatte den Vertrag nicht richtig gelesen und sich daher verrechnet. Auf dem Dokument war nämlich ein Nettolohn von 1.600 Euro im Monat vermerkt.

Durch die Verwechslung von netto und brutto erhielt die Familie zehn Monate lang zu viel Geld. Als der Fehler auffiel, wurden die Leistungen gekürzt und das Jobcenter forderte eine Rückzahlung von über 3.000 Euro. Es begründete die Forderung damit, dass den Berlinern der Fehler hätte auffallen und sie im Rahmen der Sorgfaltspflicht darauf hinweisen müssten.

Dagegen klagten die Berliner, die sich keiner Schuld bewusst waren und bekamen vom LSG Berlin-Brandenburg Recht. In einer Mitteilung des Gerichts wird das Urteil durch die Unwissenheit der Frau begründet:

Der Rechenfehler des Jobcenters hätte der Familie zwar auffallen können, wenn sie den Bescheid aufmerksam gelesen hätte. Übersehe sie diesen Fehler aber, so handele sie nicht grob fahrlässig bzw. verletze ihre Sorgfaltspflichten nicht in besonders schwerem Maße. […] Hier habe die Ehefrau, die in der Familie den Kontakt mit den Behörden wahrnehme, den Bescheid gelesen, grob geprüft und dort auch den Betrag von 1.600 € entdeckt. Sie habe in einer Vernehmung durch das Gericht, die dem Urteil vorausgegangen war, nachvollziehbar und glaubhaft angegeben, die Begriffe brutto und netto nicht sicher auseinanderhalten zu können. […]

Wann das Jobcenter eine Rückzahlung verlangen kann

Das Urteil durch das LSG Berlin-Brandenburg, welches dem Jobcenter die Rückzahlung verwehrt hat, ist noch nicht rechtskräftig. Eine Revision vor dem Bundessozialgericht liegt im Bereich des Möglichen. Wichtig ist, dass es sich hierbei um eine Einzelfallentscheidung handelt.

Grundsätzlich dürfen und sollen die Jobcenter zu viel gezahlte Leistungen zurückfordern. Hat ein Antragsteller zum Beispiel wissentlich fehlerhafte Angaben gemacht und dadurch zu viel Bürgergeld erhalten, so muss der Betroffene die Leistungen zurückzahlen und ggf. strafrechtliche Konsequenzen befürchten.

Wichtig: Müssen Sie beim Jobcenter eine Rückzahlung leisten, weil Ihnen zu viel Geld überwiesen wurde, ist ggf. auch eine Ratenzahlung bzw. eine monatliche Verrechnung mit Ihrem Bürgergeld-Regelsatz möglich.

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Über den Autor

Mohamed El-Zaatari
Mohamed El-Zaatari

Nach erfolgreich abgeschlossenem Jura-Studium an der Universität Bremen, einem Referendariat am OLG Oldenburg und einer zweijährigen Tätigkeit als Referatsleiter in einer Bremer Landesbehörde wurde Mohamed El-Zataari 2022 als Rechtsanwalt zugelassen. Besondere Expertise besitzt er im Sozialrecht.

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